• Patienten mit Polypen und heilbarem Darmkrebs haben oft keine Beschwerden.
  • Das Risiko des sporadischen Darmkrebs steigt mit zunehmendem Alter.
  • Darmkrebs entsteht meist ohne bekannte Risikofaktoren (sog. sporadischer Darmkrebs)

Häufigkeit, Ursachen und Folgen von Darmkrebs

In der Schweiz erkranken jährlich etwa 4100 Personen an Darmkrebs und rund 1700 Personen sterben daran (krebsliga.ch). Damit ist Darmkrebs die 3. häufigste Krebserkrankung und die 2. häufigste Todesursache von Patienten mit einer Krebserkrankung. Der wichtigste prognostische Faktor für das Überleben ist das Tumorstadium zum Zeitpunkt der Diagnose. Die hohe Sterblichkeitsrate von über 40% reflektiert die späte Diagnosestellung in einem fortgeschrittenen, unheilbaren Tumorstadium. In einem frühen, heilbaren Tumorstadium bleibt Darmkrebs oft unerkannt, weil die betroffenen Patienten keine Symptome haben.

Verschiedene Faktoren können die Wahrscheinlichkeit, an Darmkrebs zu erkranken, erhöhen oder reduzieren. Risikofaktoren liegen in 20-25 % der an Darmkrebs erkrankten Patienten vor. Faktoren mit einem hohen Risiko sind vererbte Syndrome wie die familiäre adenomatöse Polypose (FAP) und das hereditäre nicht-polypöse Kolonkarzinom (HNPCC). Auch eine langjährige chronisch-entzündliche Darmerkrankung (Morbus Crohn, Colitis ulcerosa) geht mit einem erhöhten Risiko für Darmkrebs einher. Viel häufiger aber entsteht Darmkrebs bei Personen ohne nachweisbare Risikofaktoren, dann spricht man vom sog. sporadischen Darmkrebs. Das Risiko, an Darmkrebs zu erkranken, beträgt etwa 5%. Vor dem 50. Lebensjahr tritt Darmkrebs nur selten sporadisch auf, danach steigt das Risiko mit zunehmendem Alter an. Somit ist das Alter der wichtigste Risikofaktor für das Entstehen des sporadischen Darmkrebses. Dabei können Lifestyle Faktoren das Risiko erhöhen (Rauchen, Übergewicht, Alkohol, wenig Bewegung, rotes Fleisch etc.) oder reduzieren (körperliche Aktivität, Ballaststoffe und Gemüse, Medikamente wie bspw. Aspirin etc.).

Wird die Diagnose Darmkrebs gestellt, dann muss sich ein Patient meist einer belastenden und lange dauernden Behandlung unterziehen (Operation, Chemotherapie, Bestrahlung). Zwar hat die Entwicklung neuer Therapien die Überlebenschance für Patienten mit Darmkrebs verbessert, allerdings zum Preis massiv ansteigender Therapiekosten. Dabei sind die Kosten für den Überlebensgewinn am höchsten in einem fortgeschrittenen Tumorstadium. Dennoch, auch Patienten, welche sich glücklich schätzen, die Krebserkrankung überwunden zu haben, sind in der Folge in ihrer Lebensqualität oft bedeutend eingeschränkt. Die Patienten empfinden die überstandene Krebserkrankung häufig weiterhin als Bedrohung und auch physische Handicaps als Folge der Therapie können im Alltag und in der Freizeit einschränkend sein.

Unter Berücksichtigung der ungenügenden Risikoabschätzung, der oft (zu) späten Diagnosestellung, der aufwendigen Therapien, der eingeschränkten Lebensqualität und der enormen Kosten wird klar, welche Bedeutung der Früherkennung und Prävention von Darmkrebs zukommt.

Die Stiftung COLON unterstützt Forschung zur molekularbiologischen Prävention von Darmkrebs.

Früherkennung und Vorsorge

Früherkennung bedeutet, Darmkrebs zu einem Zeitpunkt zu erkennen, zu dem Patienten trotz dem Tumor keine Beschwerden haben. Früherkennung hat zum Ziel, die Überlebensprognose zu verbessern, denn bei Beschwerdefreiheit liegt öfters ein frühes Tumorstadium vor als bei Patienten mit Symptomen. Noch besser als die Früherkennung ist Prävention (Vorsorge), d.h. die Entstehung von Darmkrebs zu verhindern, in dem Personen mit gutartigen Krebsvorstufen (Polypen) identifiziert und die Polypen durch eine Darmspiegelung entfernt werden. Durch eine effiziente Vorsorge kann nicht nur die Überlebensprognose verbessert, sondern auch das Entstehen von Darmkrebs und damit dessen Häufigkeit gesenkt werden. Für die Früherkennung und Vorsorge bedarf es sensitiver Methoden, welche kostengünstig und komplikationsarm sind und von der Bevölkerung akzeptiert werden. Als wichtigste Tests stehen derzeit der Nachweis von unsichtbarem Blut im Stuhl (Hämokkult-Test) und die Darmspiegelung zur Verfügung. Beide Tests haben relevante Vor- und Nachteile. Der Stuhltest auf okkultes Blut ist einfach. Studien haben gezeigt, dass mit diesem Stuhltest Darmkrebs früher entdeckt und damit die Sterblichkeitsrate um etwa 20% gesenkt werden kann. Hingegen ist dieser Test wenig sensitiv für Polypen, d.h. die Entstehung von Darmkrebs kann damit nicht verhindert und dessen Häufigkeit nicht gesenkt werden. Zudem muss jeder positive Stuhltest durch eine Darmspiegelung weiter abgeklärt werden. Mit der Darmspiegelung können auch Polypen entdeckt und gleichzeitig entfernt werden, somit lässt sich mit dieser Vorsorgeuntersuchung auch die Entstehung von Darmkrebs und dessen Häufigkeit reduzieren. Nachteile der Darmspiegelung sind, wenn auch selten, potentielle Komplikationen (Blutung, Perforation).

  • Darmkrebs entsteht über Jahre aus gutartigen Polypen.
  • Die Erbinformation ist in der DNS gespeichert, welche aus vier Grundbausteinen aufgebaut ist.
  • Die genetischen Mutationen, welche die Entstehung von Darmkrebs vorantreiben, sind gut charakterisiert.
  • Bei der Methylierung wird die DNS biochemisch modifiziert, dadurch kann die Genaktivität reguliert werden.
  • Wann welche Gene durch Hypermethylierung bei der Entstehung von Darmkrebs inaktiviert werden, ist weitgehend unbekannt.

Entstehung von Darmkrebs

Darmkrebs entsteht aus gutartigen Wucherungen der Darmschleimhaut, den sog. Polypen. Rund die Hälfte der Bevölkerung entwickelt bis ins Alter von 50+ Polypen. Über einen Zeitraum von mehreren Jahren kann ein kleiner Teil von Polypen entarten und es entsteht Darmkrebs. Derzeit gibt es keine Möglichkeiten, das Entartungsrisiko eines Polypen abzuschätzen und daher werden alle bei einer Darmspiegelung identifizierten Polypen entfernt.

Es ist heute anerkannt, dass Darmkrebs keine homogene Erkrankung ist, sondern in Varianten vorkommt. Diese Varianten von Darmkrebs entwickeln sich aus verschiedenen Polypen (Adenome, serratierte Polypen) über unterschiedliche molekulare Wege. Dabei spielen genetische und epigenetische Mechanismen eine entscheidende Rolle.

Die Genetik beschäftigt sich mit der Struktur des Erbguts (DNS). Die genetische Information ist in jeder Körperzelle gleich und in der DNS in Form einer definierten Abfolge von vier Bausteinen gespeichert. Das menschliche Genom umfasst mehr als 20'000 Gene, die den Bauplan für den ganzen Organismus enthalten. Ein einzelnes Gen enthält die Information zur Herstellung von einem Eiweiss (Protein). Vor jeder Zellteilung wird die DNS verdoppelt, so dass die Erbinformation von der Mutter- auf die Tochterzelle weiter gegeben werden kann. Die Struktur der DNS kann durch verschiedene Ursachen (physikalische und chemische Einflüsse, Vererbung etc.) dauerhaft geschädigt sein (Mutation), was Genfunktionen und Zelleigenschaften derart beeinträchtigen kann, dass die Entwicklung von Darmkrebs begünstigt wird. Genetische Veränderungen, welche die schrittweise Entstehung von Darmkrebs vorantreiben, sind gut charakterisiert.

Die Epigenetik beschäftigt sich mit der Regulation der Genfunktion. Durch biochemische Veränderungen der DNS können Gene aktiviert bzw. inaktiviert werden, ohne dass dabei die Struktur der DNS verändert wird. In jeder Körperzelle werden andere Gene ein- bzw. ausgeschaltet, daher können trotz gleichem Bauplan verschiedene Zelltypen entstehen (Nerven-, Haar-, Muskelzellen etc.). Bildlich dargestellt, ein Klavier besitzt immer die gleichen Tasten, welche für verschiedene Akkorde unterschiedlich benutzt werden können. DNS Methylierung ist der wichtigste epigenetische Prozess und bezeichnet den Transfer einer Methylgruppe (CH3) an den DNS Baustein Cytosin. Jedes Gen besitzt einen Bereich (Promoter), welcher den Funktionszustand des Genes reguliert. Bei einem aktiven Gen sind die Cytosine des dazugehörigen Promoters unmethyliert. Umgekehrt führt die progressive Methylierung der Promoter Cytosine zur Inaktivierung des dazugehörigen Genes und als Folge wird das entsprechende Protein nicht mehr synthetisiert. Der Methylierungsgrad eines Genpromoters ist demnach ein Mass für die Aktivität des entsprechenden Genes. Wiederum bildlich dargestellt, bei einem stufenlosen Lichtschalter kann durch zunehmenden elektrischen Widerstand die Helligkeit einer Lampe zunehmend gedimmt werden, bis diese letztlich ganz erlischt. Das differenzierte Ein- und Ausschalten von Genen zu unterschiedlichen Zeitpunkten ist für die normale Entwicklung des menschlichen Organismus unerlässlich. Eine fehlerhafte Genregulation durch abnorme Promoter Methylierung kann aber Zelleigenschaften derart verändern, dass die Entstehung verschiedener Krankheiten, auch Krebs, begünstigt wird. In Darmkrebs sind zahlreiche Gene durch Promoter Hypermethylierung inaktiviert und dadurch werden verschiedene Proteine, welche in einer Zelle schützende Funktionen ausüben, nicht mehr synthetisiert. Die Ursachen dieser Hypermethylierung und deren kausaler Zusammenhang bei der Entstehung von Darmkrebs und Polypen sind weitgehend unbekannt.